1. LSBTI*-WISSENSCHAFTSKONGRESS

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Hans-H. Kotte

Prof. Dr. Sabine Hark

Antwort: Mit dem Konzept der Heteronormativität ist ein weitreichender analytischer Anspruch verknüpft. Es zielt nicht nur auf die Frage, wie sexuelle Identität und Praxis reguliert wird, vielmehr soll damit „Heterosexualität als Norm der Geschlechterverhältnisse, die Subjektivität, Lebenspraxis, symbolische Ordnung und das Gefüge der gesellschaftlichen Organisation strukturiert“ gefasst werden (Wagenknecht 2006). Schwächen des Konzepts sind zum einen die Vernachlässigung von gender hierarchy als gleichsam innerer Rationalität von Heterosexualität, zum anderen die tendenzielle Homogenisierung von Heterosexualitäten – und dies trotz des Zuwachs an Erkenntnismöglichkeit durch die Unterscheidung von Heteronormativität und Heterosexualität – sowie schließlich paradoxerweise die Vernachlässigung der Frage, wie Heteronormativität Heterosexualitäten organisiert. Heteronormativität strukturiert jedoch nicht nur die hetero/homo-Unterscheidung, sie organisiert nicht nur, wie und welche Homosexualitäten gelebt werden können, sie strukturiert auch das Feld von Heterosexualitäten, indem sie hegemoniale und subordinierte Formen von Heterosexualitäten schafft. So bleibt nicht nur die Machtkonfiguration „Heterosexualität“ letztlich unbeleuchtet, es produziert in der Tendenz auch eine binär organisierte, statische Opposition von transgressiven queeren Positionen und monolithisch gedachten, normalisierten hetero-Positionen. Doch wenn es Sexualität eben so wenig wie Geschlecht jenseits von Kontext gibt, wenn selbstredend auch heterosexuelle Subjekte durch eine Vielfalt sich ergänzender und miteinander konkurrierender Diskurse konstituiert werden, kann eben auch (Hetero-)Sexualität nur kontextualisiert gedacht werden.