1. LSBTI*-WISSENSCHAFTSKONGRESS

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Steffi Unsleber

Forscher und Beforschte

„Das Gesundheitssystem leidet unter einer Psychose“, sagt Mari Günther vom Zentrum Queer Leben. „Es geht von zwei Geschlechtern aus, obwohl dies nicht der Realität entspricht.

Der Umgang des Gesundheitssystems mit Trans*Menschen war das Thema auf der Podiumsdiskussion „Auf dem Weg zu einer trans*positiven Gesundheitsversorgung“. Ein Teilnehmer nannte das Gesundheitssystem gar „Regime“.

Trans*Menschen gelten heute noch als krank. So steht es im ICD-10, dem Katalog, in dem Krankheiten aufgelistet werden. Diese Pathologisierung ist notwendig, sagt Annette Güldenring vom Westküstenklinikum in Heide, um eine Kostenübernahme für Operationen und Hormontherapien zu bekommen. Sie hat indes eine andere Vision: Ein Krankenkassen-unabhängiger Fonds, aus dem Hormonbehandlung und Operationen bezahlt werden.

Annette Güldenring ist die erste Trans*Oberärztin, die ihre Transition im Amt erlebt hat. Mittlerweise sie im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung. Sie hat eigene Erfahrungen in der Psychiatrie gemacht und sich deshalb entschieden, selbst Psychiaterin zu werden. Sie will kritisieren und verändern, wie die Psychiatrie mit Trans*Menschen umgeht.

Die Wartezeit, zum Beispiel, die es für Hormonbehandlungen oder Operationen gebe, sind schwierig, findet sie. „Bei manchen Patienten ist nach ein, zwei Terminen alles klar“, sagt Güldenring. Trotzdem müsse sie dann noch ein Jahr Psychotherapie verordnen, bis mit der Hormonbehandlung begonnen werden kann.

Arn Sauer von TransInterQueer e.V. kritisiert, dass Trans*leute „beforscht“ werden, ohne an der Forschung beteiligt zu sein. Seine Forderung: Eine betroffenenkontrollierte Forschung. Manche mögen den Begriff nicht, weil sie finden, dass Wissenschaft frei sein sollte, sagt er. Er hängt aber nicht am Begriff, sondern nur an der Sache. „Es geht um Macht.“ Sein Plädoyer: Die Betroffenen sollen in allen Bereichen der Forschung mitbestimmen dürfen. Und nicht nur angehört werden.